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Z U R B E Z E I C H N U N G DISKURSKONZERT Diskurskonzert klingt ungewöhnlich. Es bezeichnet den besonderen Charakter unseres Projektes. Erstens folgten wir der Tradition Theodorakis’, der bei seinen eigenen Liedertourneen immer darauf bestand, die konkreten politischen und historischen Hintergründe darzustellen. Das veranlaßte uns, der Moderation einen weit größeren Stellenwert und Umfang einzuräumen als üblich. Könnte doch sonst der Umfang der Trauer, die eine ganze Generation beklagt, möglicherweise nicht verortet und verstanden werden. Zweitens verzichteten wir auch nicht auf den eigenen Diskurs, den wir über die gegenwärtige Armut, unsere Existenzperspektiven, soziale Gerechtigkeit und Ziele im eigenen künstlerischen Schaffen führten. Wir sprachen über unsere generationsbedingt unterschiedlichen Erfahrungen mit sozialen Kämpfen. Zum Teil waren dies nur Erfahrungen der Eltern und Großeltern, bloß aus Erzählungen bekannt, die so anhand der Liedtexte in Erinnerung kamen und lebendig wurden. Diese eingehende Beschäftigung mit den Texten und Theodorakis’ Vertonungen wie auch mit dem Leben des Komponisten3 gab uns wesentliche Anregungen zu unserer weiteren Positionierung in der Gesellschaft. Drittens erspürten alle Beteiligten die über Geschichte und Politik hinausgehende Relevanz der Lieder. Denn dieser Zyklus ist auch ein Diskurs über den Tod ähnlich wie im griechischen Rebetiko (städt. griech. Volksmusik, vergleichbar dem Flamenco und Tango). In diesem gibt es hunderte von Gesprächen, Geplänkeln, Tauschgeschäften, ja sogar Tänzen mit dem Tod. Theodorakis entwickelte diese Tradition weiter und ist überzeugt, es sei entscheidend für das Leben, welche Haltung man dem Tod gegenüber einnimmt. In seinen Liedern gibt es keine lähmende Angst vor diesem wie vor dem mittelalterlichen Sensemann. In seinen Liedern stellt man sich dem Tod entgegen und nimmt ihn kämpfend in Kauf. Viertens, doch nicht zuletzt, entfaltet sich der musikalische Diskurs. Wer die Originalaufnahmen aus dem Jahre 1977 kennt, wird einige Lieder nicht wiedererkennen, obwohl die Melodien als kleinster gemeinsamer Nenner immer vollständig erhalten blieben. Denn anknüpfend an den thematischen Diskurs, verorteten wir die Ereignisse der Geschichte nun auch musikalisch. Dies führte zu Rückgriffen auf sehr alte Formelemente, zu Aussparungen im Einsatz der bei Theodorakis sehr populär verwendeten Instrumente, zu neuen Rhythmisierungen und spannenden Reharmonisierungen. Elemente des Jazz, die sparsame Wiedereinführung des Bouzouki, ja sogar Anklänge an epirotische (Region in Westgriechenland) Trauergesänge konturieren einzelne Lieder wesentlich schärfer. Doch geht es nicht um die betörende Wirkung exotischer Klänge. Vielmehr ermöglicht die Distanz zum Fremden den eigenen, bewußten Zugang zu den schweren Themen. 3 Autobiografie »Die Wege des Erzengel«, Insel, »Meine Stellung in der Musikszene«, Reclam, Guy Wagner »Mikis Theodorakis Ein Leben für Griechenland «, Edition Phi 412, Gespräch mit Prof. Guy Wagner über Entstehung und Hintergründe von »Ta Lyrika«. |
Website von Mikis Theodorakis Website von Mischi Steinbrück Website des Bürgerzentrum Nippes |