Pressestimmen
„KAPITÄNINNEN DER FREIHEIT«

Kölner Wochenspiegel vom 23./24. Juli 2021
Kapitäninnen der Freiheit
Erinnerungen an den Aufstand gegen die osmanische Fremdherrschaft vor 200 Jahren

Nippes (rs). „Freiheit oder Tod“ – so lautete der Aufruf, den der Metropolit Germanos von Patras der Überlieferung nach am 25. März 1821 gefunden haben soll, um den Aufstand seiner Landsleute gegen die Fremdherrscher zu segnen. Damit begann heute vor 200 Jahren der Freiheitskampf der Griechen gegen die osmanischen Besatzer, der den Weg zu einem griechischen Nationalstaat ebnen sollte. Dem Aufruf sind ganz unterschiedliche Gruppen von Kämpfern gefolgt. Auf den Inseln der Ägäis zum Beispiel habe sich der Widerstand in der Schicht der überaus reichen Handelsherren und Reeder entwickelt, sagt die Wiener Schauspielerin, Sängerin und Autorin Mischi Steinbrück, die seit 1970 in Nippes lebt. Darunter seien auch drei Frauen gewesen, drei Kapitäninnen, denen sie jetzt mit ihrem Bühnenprogramm „Kapitäninnen der Freiheit“ und einem parallel dazu erschienenem kleinen Büchlein ein Denkmal setzt.
Mischi Steinbrück hat sich bereits Anfang der 90er Jahre mit dem Freiheitskampf der Griechen beschäftigt. Zum einen mit Liedern des Rembetiko, des griechischen Blues, der sich in den 30er Jahren aus einer Mischung griechischer Volkslieder und osmanischer Musiktradition entwickelte. Zum anderen mit musikalischen Bühenprogrammen über den Komponisten Mikis Theodorakis und mit Rundfunksendungen etwa über das Bild der Frauen im griechischen Volkslied. Jetzt erinnert Mischi Steinbrück mit ihrem Bühnenprogramm „Kapitäninnen der Freiheit“ und dem im Eigenverlag erschienen Büchlein mit Liedtexten und poetischen Erläuterungen an die „Bouboulina“, die „Manto“ und die „Domna“, drei stolze, tapfer kämpfende Frauen.
„Ich habe mich mit meinem szenisch-lyrischen Bühnenprogramm der drei bekanntesten dieser selbstbestimmten Unabhängigkeits-kämpferinnen angenommen“, sagt die Autorin des Buches. Das wenige, das sie in der griechischen Online-Ausgabe von Wikipedia über sie habe lesen können, habe sie so begeistert, dass sie daraus literarische Porträts schuf, die durch ihre sprachliche Rhythmik der Dramatik der Lebensläufe dieser drei Frauen gerecht werden sollen. Der Ruf dieser mutigen, kämpfenden Frauen habe damals bis Europa gereicht, sagt Mischi Steinbrück. Die berühmtesten von ihnen seien sogar von französischen Malern porträtiert worden.
„Es ist zu vermuten, dass die Nachrichten über diese Frauen das damalige Frauenbild in Europa entscheidend beeinflusst haben.“ Überall in Griechenland, aber auch bei Griechinnen und Griechen im Ausland, wird das 200-Jahr-Jubiläum der griechischen Revolution ganzjährig mit dem Losungswort „Nie wieder Diktatur“ gefeiert.
Dazu passt auch das Büchlein „Kapitäninnen der Freiheit“ mit Liedtexten im Original und der Übersetzung sowie lyrischen Porträts, die auch einen Bezug zum Heute herstellen. Die Termine mit dem Bühnenprogramm „Kapitäninnen der Freiheit“ von Mischi Steinbrück, das noch ausführlicher und farbiger über die Geschichte der drei Frauen erzählt, können unter www.mischi-steinbrueck.de eingesehen werden.



Eine Hymne an die Freiheit

» Große Begeisterung unter der europäischen Intelligenz von Lord Byron bis zum „Griechen“-Müller löste der griechische Befreiungskampf 1821 gegen das Osmanische Reich aus. Dass dieser Befreiungskampf entschieden auch durch Frauen geprägt wurde, ist für viele Menschen in Mitteleuropa unbekannt. Wer kennt schon die Namen der drei großen Kapitäninnen Bouboulina, Manto Mavrogenous und der Domna Wiswisi? Allen drei ist gemeinsam, dass sie unter Einsatz ihres Lebens und ihres Vermögens – Bouboulina z.B. ließ auf eigene Kosten ein Schiff, die „Agammennon“, mit 18 Kanonen bauen – für die Freiheit gekämpft haben – und dann als die Männer im Bürgerkrieg siegten, der Verelendung preisgegeben wurden.

In ihrer Performance „Kapitäninnen der Freiheit“ erinnert die Schauspielerin und Autorin Mischi Steinbrück an diese drei Frauen, stellvertretend für die vielen anonymen Freiheitskämpferinnen. Entspannt plaudernd, mit wenigen Strichen den historischen Kontext aufhellend, mit Liedern aus der damaligen Zeit und rhythmischen Texten, die von der Atmosphäre zu Beginn des 19. Jahrhunderts zeugen. Deutlich wird so die Begeisterung für die Freiheit der unterdrückten Nation – fernab von allen politisch-taktischen Strategien. Diese Fixierung auf die nationale Emanzipation macht deutlich, dass die Kapitäninnen sich nicht als Vorläufer einer Frauenemanzipation begriffen, wenn sie es von heute aus betrachtet auch sind.

In dem starken Engagement für diese drei Frauen, das das Programm von Mischi Steinbrück durchdringt, wird aber auch nachdrücklich klar macht, dass die historische Ebene nur dann lebendig wird, wenn auch ein Bezug zum Heute hergestellt wird: Freiheit ist nicht abstraktes Abzufeierndes, sondern ein Gut, das immer neu erkämpft werden muss. Das macht die Performancekünstlerin eindringlich und mit großem Charme deutlich. Sie ist von einer wunderbaren Präsenz, die die karge Bühne – eine Bank, ein Stuhl – füllt. Ihre warme Stimme zieht alle Sympathien auf sich und in den zumeist a capella gesungenen Liedern entwickelt sie eine Kraft, die überzeugt. Ein toller Abend, der sich scheinbar einer vergessenen historischen Episode widmet, aber doch auch das Publikum im Heute trifft.
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Manfred Jahnke, freier Journalist und Theaterwissenschaftler
(Juli 2019)